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Vokalensemble zum Anfassen

Dass es dem Ensemble „Singer Pur“ ein persönliches Anliegen ist, junge Menschen für die „klassische“ Musik zu begeistern, merkt und sieht man jedem Einzelnen an. Die Augen der sechs Sänger leuchten beim Erzählen vom Alltag als Künstler.
Mal kurz und knackig, mal etwas ausführlicher geben Bariton Reiner Schneider-Waterberg, die Sopranistin Claudia Reinhard, Bass Marcus Schmidl sowie die drei Tenöre Rüdiger Ballhorn, Markus Zapp und Manuel Warwitz persönliche Einblicke in ihre ganz unterschiedlichen Biografien und berichten, wie sie häufig über Umwege zur Musik kamen. Was und wo sie überall gesungen haben und seit wann sie ein Teil des bekannten Sextetts sind. „Es hat ziemlich lange gedauert, bis andere auch schön fanden, dass ich singe“, verrät Claudia Reinhard erfrischend ehrlich. Galt vor etwa 20 Jahren ein Gesangsstudium noch als sehr exotisch, rät sie den Heranwachsenden: „Wenn ihr Talent habt und von euch überzeugt seid, dann tut es“.
Zuvor plauderte Reiner Schneider-Waterberg aus dem Nähkästchen: Warum die Gruppe auch ohne Altstimme funktioniert, wie sie ihre Tonlagen anpassen und stundenlang das Repertoire einstudieren, gemeinsam die Stücke aussuchen und mitunter ganz viel neu arrangieren – dafür steht meistens Bass Marcus Schmidl. „Wir sind ein demokratisch organisiertes Ensemble ohne Leiter oder Leiterin“, betont der Sprecher der Gruppe, der auch am Vorabend durchs Programm führte.
Mittlerweile sind es mehr als 100 Konzerte im Jahr, insgesamt 20 CD-Produktionen sowie zahlreiche andere Auftritte und Termine – wie zum Beispiel bei „Rhapsody in School“. So heißt nämlich das bundesweite Projekt einer Künstlerinitiative, bei dem Weltklasse-Künstler in unterschiedliche Schulen gehen. Der Besuch von „Singer Pur“ im Göppinger Mörike-Gymnasium kam über den Musiklehrer Michael Maurer in Kooperation mit Ulrike Albrecht vom Kulturkreis und Kulturreferat Göppingen zustande.
Mehr als 30 Oberstufen-Schüler – von denen mehr als ein Drittel am Abend zuvor auch im Konzert waren – hören gebannt zu. Wie im Fluge vergeht die Zeit – gut die Hälfte der 100 Minuten ist schon vorbei, als das Sextett eine Kostprobe seines Könnens zeigt. Beim neu arrangierten „Hänsel und Gretel“ steigt dann jedes Ensemblemitglied nach und nach mit seiner Tonlage ein, so bekommen die jungen Zuschauer perfekt den Liedaufbau mit.
Anschließend konnten die Jugendlichen endlich ihre Fragen stellen. „Ob man dafür ein perfektes Gehör benötige“, möchte ein junger Mann von den Profis wissen. Vielmehr sei da die Erfahrung wichtig, lautet die Antwort, „jeder muss für sich jeden einzelnen Ton ausprobieren“. Wie oft sich das Sextett zur Probe treffe, ob man immer zusammen oder auch mal alleine übe und nach welchen Kriterien sie ihre Lieder aussuchen, waren weitere Fragen. Besonders interessiert zeigten sich ein Schüler und sein Musiklehrer an dem mit Lauten experimentierten Jazzstück von John Cage, mit dem die Klassik praktisch neu aufgemischt werde.
Am Schluss wollten allerdings die Mitglieder von „Singer Pur“ noch etwas von den Mögy-Schülern hören – gemeinsam mit drei Ensemblemitgliedern sangen sie das Lied „Lullabye“ von Billy Joel und machten sich dann ans Signieren.

[Text von Sabine Ackermann, Quelle: NWZ, 7. Juli 2018, S. 19]