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Kooperation mit der Württembergischen Landesbühne

In diesem Schuljahr profitierten bereits zahlreiche Klassen von der neuen Zusammenarbeit mit der Württembergischen Landesbühne. Nach langen Monaten der kulturell mageren Pandemiezeit freuen wir uns ganz besonders über die Begegnungen mit den Künstlern und Theaterpädagogen aus Esslingen.

Die Menschheit ist hier

Den Auftakt bildete das Klassenzimmerstück „Die Menschheit ist hier“. Die fünften Klassen folgten gebannt der Erzählung von Fasils Flucht, die mit individuell gestalteten Puppen nachgestellt wurde. Anschließend wurde die Thematik vertieft und in einem theaterpädagogisch geleiteten Geschichtenschreibkurs kreativ umgesetzt.

Wenn es uns gelingt, unsere Schüler für das Thema Krieg und Vertreibung zu sensibilisieren, kann dies einen Beitrag leisten, derzeitige Krisen gestärkt zu durchleben. Wer hätte im Oktober letzten Jahres geahnt, wie aktuell dieses Thema wenige Monate später sein würde.

Wie sähe unser Leben aus, wenn bei uns Krieg herrschte? Wenn niemand mehr auf die Straße gehen könnte ohne verhaftet zu werden oder dabei sein Leben zu riskieren? Wenn es keine Aussicht auf eine gute oder hoffnungsvolle Zukunft gäbe? Für uns ist das nur schwer vorstellbar, aber für andere Menschen die alltägliche Realität. Sie können uns davon berichten und wir können durch ihre Geschichten dazulernen. Die Menschheit ist hier ist solch eine überlieferte Geschichte. Fasil, so heißt der junge Mann, macht sich mit zwei Freunden auf und will zu Fuß die Sahara durchqueren. Auf dieser langen Reise muss die kleine Gruppe gefährliche Situationen meistern und über die eigenen körperlichen Grenzen hinauswachsen. Mit viel Glück und einigen helfenden Händen schaffen sie es schließlich, gerettet zu werden. Zufällig verschlägt es sie nach Esslingen und sie finden das, was sie sich immer erträumt haben: eine neue Familie und einen Arbeitsplatz. Als Fasil Jahre später seine Mutter und seinen Vater nach Esslingen holen kann, formuliert sein Vater aus Erstaunen den Satz: Die Menschheit ist hier.


Kriegerin

Die zweite Veranstaltung, „Kriegerin“, durften zwei zehnte Klassen beim Besuch der Landesbühne in Esslingen genießen. Rassismus, Sexismus, Gewalt und die Rolle der Frauen in der rechten Szene sind die Themen dieser Inszenierung. Aufklärung und Information sind wichtige Voraussetzungen – sowohl für das Verständnis des Stückes, als auch für die Stärkung der Schüler um sich gegen derartige Einflüsse wehren zu können. 

Das theaterpädagogische Begleitprogramm diente hier der Sensibilisierung und der inhaltlichen Vorbereitung des Theaterbesuchs. Ein Gespräch mit den Schauspielern nach der Vorstellung rundete dieses Projekt ab.

Marisa ist Anfang 20, Neonazi und rast durch ihre Welt wie ein offenes Rasiermesser. Sie ist aggressiv und schlägt zu, wenn ihr jemand dumm kommt. Sie hasst Ausländer, Politiker, den Kapitalismus, die Polizei und alle anderen, denen sie die Schuld daran gibt, dass ihr Freund Sandro im Knast sitzt und dass alles um sie herum den Bach runter geht: Ihr Leben, ihre Stadt, das Land und die ganze Welt. Dieser Sommer hält allerdings noch mehr Ärger für Marisa parat: Die bürgerliche Svenja (15) drängt in Marisas Clique und der afghanische Flüchtling Rasul sucht sich ausgerechnet ihren Badesee zum Schwimmen aus. Als die Welten der Drei aufeinanderprallen, setzt sich eine Kette von Ereignissen in Gang, die ihr Leben auf den Kopf stellt.



Satelliten am Nachthimmel

Anlässlich der dritten Kooperation besuchten sieben Mögy-Klassen im Alten E-Werk das Stück „Satelliten am Nachthimmel“. Sie begleiteten die Hauptfigur Joni auf ihrer Reise und lernten deren Krise kennen. Identitätsfindung, Generationenkonflikte, die Bedeutung der Sprache und Kommunikation – es wurden große Themen umgesetzt, die den Alltag vieler Jugendlichen prägen. Auch dieses dritte Theaterprojekt konnte für alle Schüler in ausführlicher theaterpädagogischer Nachbereitung vertieft werden. Die Schüler konnten Fragen stellen, über Eindrücke sprechen und eigene Lösungen im szenischen Spiel umsetzen.

„Wie kannst du falsch sein, wenn niemand weiß, was richtig ist?“

Eine moderne Alice im Wunderland-Erzählung ist Kristofer Grønskags Satelliten am Nachhimmel. Doch während sich Alice auf einer Wiese liegend aus Langeweile wegträumt, ist Jonis Beweggrund viel existentieller: Sie hat ein schwarzes Loch im Bauch, das alles zu verschlingen droht. Und zugleich lebt in diesem schwarzen Loch Jonis Universum, das es zu entdecken gilt. Darin fliegt sie zum Mond, bespricht sich mit dem Baumeister selbst und macht die Bekanntschaft mit 44 Elefanten und weinenden Krokodilen. Joni spricht viel, mit Tellern, Wänden und sogar mit ihrem Gewissen. Sie singt Lieder in einer Sprache ohne Worte. Sie erlebt die Welt so unerklärbar und schön, wie der Kosmos selbst, in dem alles möglich scheint. Ihr kleiner Bruder begleitet sie auf ihren Fantasiereisen. Mit Hilfe der Imagination versuchen die beiden, die undurchsichtige Welt der Erwachsenen zu begreifen. Hier kann sich Joni mühelos mitteilen, anders als in der realen Welt, in der ihr die Eltern und Lehrer*innen ratlos gegenüberstehen, unfähig, Jonis Sprache zu dechiffrieren.


Wir freuen uns auf weitere Theaterabenteuer und danken den Profis der Württembergischen Landesbühne für den gelungenen Auftakt der Zusammenarbeit.

 

Text: M. Hagenlocher / W. Landesbühne
Bilder: W. Landesbühne
Veröffentlicht: 14.04.2022