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Gefahren im Internet

Mehrere Lehrerinnen und Lehrer sowie die für Suchtprävention zuständige Lehrerin haben für die Eltern der Klassen 5 und 7 einen Vortragsabend im Rahmen des Projekts der Göppinger Polizei zum Thema „Kids online“ organisiert. Ca. 50 interessierte Eltern folgten der Einladung. Der Elternvertreter der Klasse 5c, Herr Leonhard Fromm, hat nachstehenden informativen Bericht über den Abend veröffentlicht.


Gefahr sitzt nur einen Mausklick weiter
Jugendsachbearbeiter der Göppinger Polizei klärt unwissende Eltern auf

Mit drastischen Sequenzen aus Gewaltvideos, dokumentierten Screenshots von Pädosexuellen und Erzählungen aus seiner täglichen Praxis hat Thorsten Göthe rund 50 Eltern am Göppinger Mörike-Gymnasium für Gefahren aus dem Internet sensibilisiert. Der Jugendsachbearbeiter der Polizei gab wertvolle Tipps.

„Wenn sie ihr Kind mit Internetverbot bestrafen, weil es ihnen erzählt, im Netz etwas komisches gemacht oder im Chat erlebt zu haben, wird es ihnen gar nichts mehr sagen“, wirbt Göthe bei Eltern zum klugen Umgang mit dem Internet. Wie ein roter Faden zieht sich seine Botschaft durch den zweistündigen Vortrag: Zeigen sie Interesse an dem, was ihr Kind im Netz macht und vereinbaren sie gemeinsam Regeln – und Sanktionen. Viele Eltern brauchten den Vortrag des 40-jährigen Familienvaters, um überhaupt zu wissen, was bereits Elfjährige im wahrsten Sinn des Wortes illegal oder aus Naivität anrichten können und mit welchen Tricks Anbieter von Klingeltönen, Computerspielen oder Foren arbeiten.

Ein Raunen ging durch die Reihen als Göthe etwa berichtete, dass jeder dritte Göppinger in der Internet-Community Kwick sein Profil hinterlegt hat, um Freunde kennenzulernen und sich zu verabreden. Oder dass sich bereits 80 Prozent der Fünftklässler aller Schularten im Netz bewegen, davon 30 Prozent mit eigenem Internetanschluß im Kinderzimmer. Der Polizist: „Dann haben sie überhaupt keine Kontrolle mehr.“ Sein Tipp: Einen Online-Zugang nur am Familien-PC einrichten und Zeitbudgets und –räume mit den Kindern vereinbaren, wann gesurft, gechattet oder gespielt werden darf.

Bei den PC-Spielen unterscheidet er offline, wo ein Spiel im Laden gekauft und auf den PC aufgespielt wird, von online, wo man sich zusätzlich im Netz anmelden und ein Abo abschließen muss. Diese Abo-Verträge, so Göthe, sind bei Minderjährigen „schwebend unwirksam“, also ungültig, sobald die Eltern widersprechen. Aus Abo-Fallen, in die Kinder geraten, wenn sie bspw. Klingeltöne herunterladen oder sich selbst älter machen, resultieren keine berechtigten Forderungen. Sämtliche Drohungen der Anbieter, wenn Zahlungen nicht geleistet werden, sollten dann ignoriert werden.

Um das Bezahlsystem zu umgehen, können Kinder im Elektro-Discounter aber auch so genannte Gamecards kaufen, die wie Telefonkarten für je 20 Euro nachladbar sind und dann bis zu 90 Tage zum Spielen berechtigen. Die dritte Variante, so der Referent, sind Browser-Spiele im Netz, die durch Erstellen eines Benutzerkontos mit persönlichen Daten (Account) und oft als Rollenspiel mit- oder gegeneinander und in virtuellen Gruppen gespielt werden.

Beträge können sich dadurch real summieren, dass Spieler virtuelle Waffen, Ausrüstung oder Tuningteile erwerben, um im Spiel erfolgreicher zu werden. Göthe schilderte den Fall eines Jugendlichen, der so 600 Euro ausgegeben hatte. Abgebucht wurde der Betrag von einem Spendenkonto, dessen Daten er gleichfalls im Netz gesehen hatte. So fördere das Internet kriminelle Energie, wo sich Jugendliche oft nur für clever halten.

Den Eltern empfahl der Beamte, auf die Altersbeschränkung zu achten, die auf jeder Spielhülle angegeben ist und sich Sequenzen aus dem Spiel anzuschauen, um zu ermessen, „ob Sie tatsächlich wollen, dass ihr Kind dieses Spiel spielt“. Eltern könnten auch anbieten mitzuspielen, dies zum Teil des Regelwerks machen oder über eine Filtersoftware das gesamte Spiel sperren oder nur bestimmte Zeitfenster frei schalten.

Mit einer Filmsequenz aus „Ego-Shooter“ machte Göthe deutlich, um wie viel Gewalt und in welcher Qualität es bei Spielen wie „Battlefield Bad Company 2“ geht. Deren Wirkung auf die Psyche belegte er erneut mit seiner Praxis: Oft würden genau diese Spiele immer wieder bei gewalttätigen Jugendlichen zu Hause gefunden, die sich sogar teils mit Waffen und Kampfanzug die entsprechenden Sequenzen nachstellen.

Neben den PC-Spielen, die süchtig machen können, sieht der 40-Jährige Gefahren im naiven Umgang mit Internet-Communities wie Kwick (ab 14 Jahre), Schüler VZ (ab 12), Facebook oder My Space (beide ab 13). Gerade weil man sich hier anonym älter oder jünger machen kann, ergeben sich hier Gefahren durch Pädosexuelle oder Gleichaltrige, die zunächst in einem Chatgespräch versuchen, Vertrauen aufzubauen. Erwartungsvolle Mädchen testen sie aber bald mit vermeintlich unverfänglichen Fragen, ob sie einen Freund haben, was für Unterwäsche sie tragen oder ob sie schon Sex hatten. Viele pupertierende Mädchen, die oft noch mit Nicknamen wie „heiße Biene“ oder „sexy Girl“ um Aufmerksamkeit buhlen, durchschauten dieses Muster nicht und werden zur Zielscheibe von Pädosexuellen, die sie zu sexuellen Handlungen auffordert oder ihm Nacktaufnahmen von sich zuzumailen. Wer dann bereits seine Handynummer preisgegeben habe, sei auch vor Stalking nicht mehr sicher, weil der Täter so die Adresse ermitteln kann und mittels Foto oder anderer persönlicher Daten, die das Opfer in seinem Profil eingestellt hat, dieses im Umfeld von Wohnung oder Schule mühelos findet.

Auch Mobbing werde längst über solche Communities betrieben. Denn wenn digitale Freundschaften im Streit enden, könnten Opfer so erpresst oder im Netz gedemütigt werden. Mobbing selbst sei nicht strafbar, wohl aber Beleidigung, Nötigung, Bedrohung oder Körperverletzung. So werde das Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn Schüler auf der Toilette, nackt in der Umkleide oder betrunken bei einem Fest fotografiert oder gefilmt werden und diese Beiträge ins Netz gestellt werden.

Göthe schilderte einen Fall, in dem einem Jungen plötzlich von zehn Chatusern, die er persönlich nie getroffen hatte, Schläge angedroht wurden. Man wisse ja, an welche Schule in welchem Ort er geht. Spätestens in solchen Situationen sollten Betroffene zur Polizei gehen und sei es nur, um sich zu erkundigen. Vor diesem Hintergrund sollten Eltern und Lehrer sehr genau hinhören, wenn sich ein Kind plötzlich krank fühlt oder die Schule schwänzt.

Diese Communities bewertet der Referent nicht, rät aber zum sorgsamen Umgang mit ihnen. Dazu gehöre, dass wenn Kinder oder Jugendliche sich zu persönlichen Begegnungen mit ihren Internetfreunden verabreden, sie beim ersten Mal begleitet werden. Sexueller Missbrauch oder Drogen- und Saufexzessen werde so am besten abgewehrt, weil Minderjährige die Verführung oft nicht durchschauten oder dann alleine nicht mehr den Rückzug schafften.

Eine weitere Gefahr sieht der Experte in so genannten Snuff-Videos, die auf entsprechenden Internetseiten über Schlüsselworte gezielt angeklickt werden und die Psyche junger Menschen schädigen können. Das englische Wort bedeutet eine Kerze ausblasen oder ein Leben auslöschen. Entsprechend drehen sich die Filme um Hinrichtung, Enthauptung, Vergewaltigung oder Folter. Beliebt sei, sich solche Sequenzen aufs Handy herunterzuladen und im Freundeskreis herumzuzeigen. Es ist aber strafbar, solche Filme unter 18-Jährigen zugänglich zu machen.

Viele Eltern wussten auch nicht, dass es im Internet Foren gibt, in denen Jugendliche Tipps austauschen, wie man sich umbringt, am schnellsten bewusstlos sauft, Magersucht oder Bulimie verbirgt, Hunger unterdrückt oder Gewicht reduziert. Auch politische Extremisten und religiöse Fanatiker verbreiten dort ihr krankes Gedankengut. Schnell in der Illegalität und Urheberrechtsverletzung, so Göthe, ist man in Tauschbörsen oder auf Seiten wie Kino.to, Clipfish oder My Video, wo auch Kinofilme gehandelt werden. Strafbar ist hier meist nicht das private Ansehen, sondern Herunterladen.

Grundsätzlich stellt der Polizist fest, dass die Sensibilität der Kinder wächst, mit ihren persönlichen Daten im Netz sorgsamer umzugehen. Dazu zählt, nur erfundene Benutzernamen und komplizierte Passwörter zu verwenden, die keinen Rückschluß auf den Urheber zulassen und die auch „beste Freundinnen“ nicht kennen. Aber auch, separate Mailadressen von kostenlosen Anbietern etwa exklusiv fürs Chatten zu verwenden, die man sofort abstellen kann.

Um finanziell im Internet nicht gelinkt zu werden, lauten die Tipps: Wo Personalien angegeben werden müssen, sind Leistungen meist kostenpflichtig. Gesenkt wird die Hemmschelle, anonym zu bleiben, oft mit Gewinnspielangeboten. Üblich ist auch, Hinweise auf Kostenpflicht oder Datenweitergabe unterhalb des Bildschirmfensters zu platzieren, weshalb man Seiten stets ganz nach unten scrollen sollte. Und beim Kauf von iPhones oder Handys sollte man sich über deren Multifunktionalität informieren, damit nicht Kinder, die Internetverbot haben, via Mobil im WLAN-Netz des Nachbarn surfen.

Folgende Internetseiten empfiehlt die Polizei für eigene Recherchen:

www.polizei-beratung.de (Sicherheit im Internet)

www.jugendschutz.net (Beschwerdestelle und Infos)

www.schau-hin.info (Tipps für Eltern)

www.seitenstark.de (empfohlene Kinderseiten)

www.handysektor.de

www.klicksafe.de (Surfführerschein für Eltern und Kinder)

www.spielbar.de (Infos zu Computerspielen)

www.www-kurs.de (Online-Internetkurs)  

 

Die beschriebene Veranstaltung hat bereits am 27.04.2010 stattgefunden.
Die bei dem Vortragsabend geschilderten Gefahren sind aber nach wie vor real, weshalb der Artikel auch weiterhin relevant ist.

Stand: 12/2022