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Seitenname:Vortrag zur Euro-Krise - Querdenken ermöglichen
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Letzte Aktualisierung:09.01.2015
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Die Wirtschaftspublizistin Friederike Spiecker am MöGy

Vortrag von Friederike Spieker zur Euro-Krise

            

 

„Sparen hilft Europa nicht“

Für die Wirtschaftspublizistin Frieder­ike Spiecker ist die Euro-Krise noch lange nicht ausgestanden. In einem Vortrag am Mörike Gymnasium mit dem Titel  „Kein Licht am Ende des Tunnels – Warum wir auch 2013 keine Lösung der Eu­rokrise erleben werden“ stellte sie ihre Position vor. Der Vortrag fand im Rahmen der neuen Mögy-Veranstaltungsreihe „Querdenken ermöglychen“ statt. In regelmäßigen Abständen sollen ge­sellschaftliche, politische und ökono­mische Themen diskutiert wer­den. Um die demokratische Debatte anzuregen sollen Stimmen aus allen politischen Richtungen und ganz unterschiedliche Positionen zu Wort kommen.

Bericht vom Vortrag:

Kein Ende in Sicht

Die Wirtschaftspublizistin Friedericke Spiecker sieht auch für das Jahr 2013 keine Lösung der Eurokrise

Rigides Sparen hilft nicht. Mit dieser eher unschwäbischen Diagnose überraschte die Wirtschaftspublizistin Friedericke Spiecker ihre Zuhörer in der Mensa des Mörike Gymnasiums. Fast 150 Schüler, Lehrer und Eltern waren zu der Veranstaltung „Kein Licht am Ende des Tunnels – Warum wir auch 2013 keine Lösung der Eurokrise erleben werden“  gekommen, um ihre Thesen zur Eurokrise zu diskutieren.

Die renommierte Wissenschaftlerin, die mit dem ehemaligen Chefökonom der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (Unctad), Heiner Flassbeck, zusammenarbeitet, zeichnete am MöGy ein düsteres Bild der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Europa. Verantwortlich hierfür sei eine unzulängliche Diagnose der Ursachen der Eurokrise, was sie mit aktuellen Zitaten deutscher Politiker zur wirtschaftlichen Lage belegte. Ihrer Ansicht nach handelt es sich bei der Eurokrise weder um eine Staatsschuldenkrise noch um eine  Krise der Länder im südlichen Euroraum. Stattdessen müsse man den Fokus auf die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte in Europa richten. Seit der Einführung der Euro-Zone steigen die Handelsungleichgewichte zwischen den Euro-Staaten, was sie mit aktuellen Daten belegte. Deutschland erziele hohe Exportüberschüsse, die Kehrseite dieses Erfolgs seien aber die Handelsdefizite und damit Schulden südeuropäischer Län­der.

Der populären Forderung, die anderen Länder müssten sparen und ihre Wettbewerbsfähigkeit entsprechend verbessern, erteilt sie eine vehemente Absage. Für Spiecker eine Frage der Logik: Es könnten nicht alle wettbewerbsfähiger werden, denn Wettbewerbsfähigkeit sei immer ein relatives Konzept:  Wenn ein Land wettbewerbsfähiger werde, müsse ein anderes automatisch an Wettbewerbsfähigkeit verlieren – die ganz Welt könne nicht wettbewerbsfähiger werden, höchstens gegenüber dem Mars. Sie verdeutlicht dies mit dem von ihr so genannten „Theaterbeispiel“: Stehe einer auf, um eine bessere Sicht zu haben, gelinge ihm das, solange die anderen sitzen blieben. Sobald die anderen auch aufstünden, sei es mit der guten Sicht vorbei.

Spiecker schlug ihren Zuhörern demnach ein anderes, für deutsche Zuhörer provokatives, Rezept zur Lösung der Krise vor. Da man sich hierzulande durch die Sozialreformen und Lohnzurückhaltung der letzten Jahre einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe, sei Deutschland der Schlüssel zur Lösung der Krise. Wolle man als Gläubiger die südeuropäischen Schuldner nicht noch weiter in die Verschuldung treiben, sollten Investitionen und höhere Löhne das Binnenwachstum in Gang bringen und somit für eine Angleichung der Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum sorgen. Ihre These, Deutschland müsse sogar Handelsbilanzdefizite gegenüber den Krisenländern in Kauf nehmen, führte dann aber auch zu skeptischen Nachfragen der Zuhörer. Spiecker verwies in der Diskussion über diesen Punkt auf die Bilanz der bisherigen Krisenpolitik. Den betroffenen Ländern gehe es durch die Sparpolitik nicht besser, die Sparmaßnahmen trieben diese in die endgültige wirtschaftliche Depression. Autos würden keine Autos kaufen, zitierte sie Henry Ford. Einigkeit herrschte jedenfalls darüber, dass die Lage in den südeuropäischen Ländern bedrohlich sei. Die wirtschaftliche Lage, vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit, bedrohe die Demokratie. Schon jetzt erhalte der Nationalismus nicht nur in den Krisenländern Auftrieb und stelle langfristig eine Gefahr für den Frieden in Europa dar. Friedericke Spieckers Thesen lieferten einen Anstoß für lebhafte Diskussionen über die Veranstaltung hinaus. Über den „richtigen“ Weg zur Lösung der Krise ließ sich am MöGy auch im Unterricht der darauffolgenden Tage trefflich debattieren.

G.A.

Ein Interview mit Frau Spiecker finden Sie hier.

Den Vortrag von Frau Spiecker finden Sie hier.