EIN AUFENTHALTSRAUM FÜR DAS MÖRIKEGYMNASIUM
Architekturprojekte in der Klasse 9Architektur gehört in den Lehrplan der Klasse 9 wie den der Oberstufe. Allerdings stellen sich die Aufbewahrungsmöglichkeiten der Schule wie die finanzielle Ausstattung für Materialien als - gelinde gesagt - sehr übersichtlich dar. Erschwerend kommt hinzu, daß die Klasse 9 (wie die 8, 10 und 11) über gerade eine Wochenstunde Kunst verfügt.
Will man also Verständnis für architektonische Gegebenheiten und Notwendigkeiten vermitteln, bedarf das sehr aufwendiger Vorarbeiten und zeitlich ausholender Einheiten.
Vorangegangen war der Einheit eine sehr umfangreiche Anleitung im Erlernen perspektivischer Darstellung, denn erst in diesem Lebensalter prägt sich, hormonell bedingt, das räumliche Vorstellungsvermögen der Kinder aus. Dem perspektivischen Training angeschlossen war eine Erhebung der für Bauten notwendigen Bedingungen; das heißt konkret: vorhandener Platz, Raumgrößen, Baufunktionen (etwa im Wohnbereich), Infrastruktur (beispielsweise Wasser und Heizung, Elektrizität, Sanitäres), Verkehrswege und schließlich Gestaltung und Aesthetik. Dem eigentlichen Bauen hatten maßstäbliche Grund-, Auf- und Querrisse, sowie Fassadenrisse zur äußeren Gestaltung voranzugehen.
Zwei Parallelklassen erhielten die Aufgabe, ein Wohnhaus für eine Person (N.N.) alleine von etwa 50 qm Grundfläche in Hanglage mit geschrägtem Dach und fünf Wänden zu entwerfen und zu bauen, das allen notwendigen Bedürfnissen ihres privaten Rückzugsortes Rechnung tragen müsste: die vorgegebenen Einschränkungen verhindern dabei ein Bauen á la Bauhaus-Schuhkarton. Die beiden anderen Klassen hatten sich an einem imaginären Wettbewerb für einen Schüleraufenthaltspavillon auf dem Schulgelände zu beteiligen: angesichts der Trübseligkeit der vorhandenen Räumlichkeiten sollten sie ihre Phantasie frei ausspielen. Wobei hier auf die vorhandene Situation und Topographie Rücksicht zu nehmen war und das Gebäude selbst bei 80 qm Grundfläche entweder rund sein musste oder wenigstens fünf Seiten sowie kein einfaches Flachdach haben. Zum Zweck der Baubegehung wurde der jeweils projektierte Ort auf dem Schulgelände abgeschritten und vermessen.
Neben den gestellten Materialien (Fensterfolie, Architekturkarton, Graupappe) waren die Kinder frei in der Verwendung des Materials und der Gestaltung der Umgebung.
Und sie haben sich darin höchst erfreulich ausgetobt.
Gerhard van der Grinten