Abstraktion als Konterbande
Speckstein (oder Steatit) ist als Mineral dem Alabaster verwandt, allerdings ist er wesentlich weicher als dieser: man kann ihn ohne großen Kraftaufwand in Form bringen, ein Küchenmesser ist ausreichend, Raspeln, Feilen, Schleifpapier in diversen Stärken hilfreich,Die Oberfläche läßt sich vermittels Ölen, Wachsen oder schlicht Zahnpasta hochglanzpolieren. Was dem Speckstein die Anmutung kostbarer Marmore verleiht.
Als Material für die Schule ist er ideal: der einzige Stein, der ohne riskanten Splitterabschlag für den Arbeitsbereich der Skulptur verwendbar ist. Dabei unerhört variabel in seinen Färbungen, zwischen Weiß und Schwarz sind alle Abstufungen denkbar, daneben Grün bishin zu Jade- oder Onyxtönen, Cremefarben, Rosa, selbst geflämmte Steine mit roten Einschlüssen finden sich. Die Kristallstruktur ist zuweilen wohl heterogen, Einschlüsse von Eisen oder Pyrit, von Sandkristallen, Quarz oder Drusen, gelegentlich auch Asbest (das aber läßt sich über kontrollierten Abbau ausschließen). Die Haptik des Steines hinterläßt eine leicht fettige Anmutung (daher der Name), ermöglicht aber auch die verhältnismäßig leichte Erzielung einer geschlossen glänzenden Oberfläche.
Die gezeigten Beispiele stammen aus einer Einheit der 13. Klasse: Aufgabe war ein "Durchbrochener Kern", eine Skulptur, die sowohl auf eine Kernfigur verdichtet worden sein sollte, wie diese aufbräche, womit die beiden antagonistischen Transitionzustände von Konzentration und Dynamisierung in eines gebracht werden mussten. Durchaus intendiert in dieser Aufgabenstellung war, daß Schüler sich weg von ihren gewohnten, der Gegenständlichkeit entlehnten Formvorstellungen bewegen sollten, was Jugendliche auch in diesem Alter erfahrungsgemäß nicht ohne Widerstände tun mögen. Speckstein verführt dazu, zu abstrahieren... und dieser Verführung sind die Schüler auf überaus erfreuliche Weise erlegen.
van der Grinten