Autor: ARND WOLETZ, NWZ vom 17.01.2015
Kultusminister auf Stippvisite in Göppingen
Göppingen:Das Göppinger Mörike-Gymnasium ragte am Freitag aus den gut 4500 Schulen im Land heraus: Der Kultusminister schaute vorbei, diskutierte über aktuelle politische Themen – und verriet seine Auto-Ausstattung.
Eine schwarze Luxus-Limousine im Schulhof? Am Mörike-Gymnasium wusste wohl jeder Bescheid: „Der Kultusminister ist da“, flüsterten sich die vorbei schlendernden Jugendlichen zu. Andreas Stoch ist der politische Chef von 4500 baden-württembergischen Schulen. Warum beginnt er da seinen Arbeitstag ausgerechnet im Göppinger Mörike-Gymnasium?
Das wollen auch die Schüler der Kursstufe wissen, als sich Stoch
den Fragen der Jugendlichen stellt. Der Minister schmunzelt. Er
habe den Schulleiter Karim Doosry bei einer Veranstaltung
getroffen. Der habe ihn nach Göppingen gelotst und ins Mögy
eingeladen, „weil die Schule interessante Sachen tut“ und sich
Gedanken um die Weiterentwicklung macht. Schließlich liege das Mögy
strategisch günstig auf dem Weg von seinem Wohnort Heidenheim zum
Ministerium in Stuttgart, scherzt Stoch. Und er setze auf den
Kontakt zur Basis: „Ich brauche ein realistisches Bild, wie
Veränderungen in den Schulen ankommen“.
"Das Stärken der Elternrechte hat seinen
Preis..."
Stoch ist 45 und seit zwei Jahren Minister. Den Ton des Polit-Profis beherrscht der Sozialdemokrat aber längst aus dem Effeff. Er erklärt, hört zu, argumentiert. Eineinhalb Stunden hat er sich Zeit genommen. Im Gespräch mit den Mögy-Lehrern geht es um viele Themen, die den Pädagogen auf den Nägeln brennen. Der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung beispielsweise ist auch an den Gymnasien ein heißes Eisen, weil plötzlich auch schwächere Schüler kommen. Ein völlig objektives Entscheidungskriterium sei die Grundschulempfehlung nicht, meint Stoch. Man müsse den Eltern die Angst nehmen. Stoch räumt ein: „Das Stärken der Elternrechte hat seinen Preis – und den zahlen im Moment die Lehrkräfte“, findet er. „Und die Schüler“, wirft eine Lehrerin ein.
Kritisch hinterfragt der Vertreter des Personalrats beispielsweise auch eine Verschlechterung bei Arbeitszeit-Regelungen der Lehrer, die sich negativ auf die Motivation auswirke. Stoch erklärt, dass damit nur eine rechtswidrige Praxis beendet worden wäre. Gespart werde jedenfalls nichts.
Die Zeit drängt etwas. Der Minister eilt zum verabredeten Unterrichtsbesuch ein Stockwerk höher. Englisch-Stunde: Die angehenden Abiturienten diskutieren über einen Cartoon zum Thema Waffenbesitz in den USA. Sogar ein Rollenspiel in Form einer Konferenz haben sie vorbereitet. Der Minister ist beeindruckt. Doch bald schon muss er „good bye“ sagen. In der Mensa warten schließlich die 80 Schüler der Kursstufe mit ihren Fragen auf ihn. Sie wollen nicht nur über Politik Bescheid wissen. Dass er vier Kinder habe und privat einen Audi Q7 – einen fünf Meter langen Geländewagen – fahre, erzählt der Sozialdemokrat. Doch sonst dominiert die Bildungspolitik. Erstaunlich: G8 ist ein Dauerbrenner. Welchen Einfluss welche Gruppe bei der Einführung gehabt habe, will ein Schüler wissen. Tiefschläge gegen die Vorgängerregierung sind Stochs Sache jedoch nicht. Er blickt auf das Pro und Kontra. Konziliante Töne in der Mögy-Mensa. Stoch verspricht alles zu tun, dass die Schuldenbremse nicht zu Lasten der Bildung gehe. Er erklärt die Hintergründe für die Einführung der Gemeinschaftsschule. Er nimmt die Kommunen in die Pflicht, als er nach der Ausstattung mit Computern gefragt wird.
Dann ist auch hier die Zeit um. Die Bigband schmettert im Flur noch Herbie Hancocks „Chameleon“. Der Minister wippt mit dem Fuß. Dann eilt er zum Mercedes. Fast lautlos gleitet er vom Hof.