Göppingen Der Dreifachklau mit der "Vorsorge-Lüge"
Dass das Thema Rente auch schon für Schüler interessant sein kann, zeigte die Teilnahme am Vortrag "Die Vorsorge-Lüge" am Mörike-Gymnasium.
SWP | 05.05.2014
Der Vortrag der beiden Autoren Holger Balodis und Dagmar Hühne am Mörike-Gymnasium fand in der Reihe "Querdenken ermöglychen" an dem Göppinger Gymnasium statt. Thema: "Die Vorsorgelüge".
39 Millionen private Rentenverträge gibt es zurzeit in Deutschland; jährlich werden fünf bis sieben Millionen neue abgeschlossen, aber auch drei bis vier Millionen dieser Verträge gekündigt. 250 000 Vermittler sind bundesweit auf der Jagd nach vorsorgewilligen Deutschen. Ein pikanter Bezug zu Göppingen besteht darin, dass der Namensgeber der am meisten verbreiteten Form der Altersvorsorge der frühere SPD-Abgeordnete des Wahlkreises, Walter Riester, ist: Nach ihm ist die "Riester-Rente" benannt.
Er sei der Liebling der Interessenverbände der deutschen Versicherungswirtschaft und vertrete deren, nicht der Bürger Interessen, sagten Holger Balodis und Dagmar Hühne. Sie sind der Meinung, dass es sich dabei um eine milliardenschwere "Vorsorge-Lüge" handelt. Ihr gleichnamiges Buch ist ein "Spiegel-Bestseller."
Bei dem gut besuchten Vortragsabend am Mögy erklärten sie, die enorme Nachfrage nach Riester-Verträgen sei geradezu auf eine Gehirnwäsche zurückzuführen. Nachdem die gesetzliche Rentenversicherung in der Schröder-Ära zunächst gekürzt worden sei, hätten Politiker aller Coleur, unterstützt von mächtigen Interessenverbänden, den Deutschen eingeredet, dass sie ohne private Altersvorsorge in die Altersarmut geraten würden.
Die Referenten sind der Ansicht, dass die meisten Riester-Verträge für die Betreffenden ein Minus-Geschäft sind. Die Banken und Versicherungen hingegen erzielten durch sie enorme Gewinne. Balodis und Hühne sprechen von einem "dreifachen Klau" durch diese Altervorsorge-Verträge. Erstens der "Kosten-Klau": Bis zu 20 Prozent der durch die Bürger eingezahlten Beiträge würden durch Abschlussgebühren und Verwaltungskosten aufgefressen. Zweitens handele es sich um einen "Storno-Klau". Viele Bürger bemerkten nach Jahren, dass ihr Vorsorgevertrag ein Minusgeschäft für sie sei. Die Vertragsauflösung jedoch ist mit hohen Kosten verbunden. Und schließlich sei es ein "Lebenserwartungs-Klau", da die Anbieter mit unrealistischen Zahlen bei der Lebenserwartung ihrer Kunden kalkulierten.
Die zahlreichen Nachfragen und Meinungsäußerungen der anwesenden Eltern und Lehrer zeigten, dass mit dem Vortrag ein Thema angesprochen wurde, das vielen auf den Nägeln brennt. Auch aus der großen Schülerschar kamen Fragen, die zeigten, dass sich auch diese bereits Gedanken um ihre fernere Zukunft machen, müssten sie doch damit rechnen, so Balodis, dass bald nach ihrem Berufs- oder Ausbildungseinstieg die ersten Versicherungsvertreter bei ihnen auf der Matte stünden.